Hochmusikalisches Tier
... der Ohrwurm?
Trotz des etwas irreführenden Namens haben musikalische Ohrwürmer nur wenig mit ihren tierischen Namensvettern gemeinsam. Genaugenommen ist es eine Melodie, die im Schläfenlappen im Gehirn beim ersten Hören abgespeichert wird, wir hören diese dann innerlich immer wieder. Es folgt ein geistiges Mitsummen, das wir manchmal fast nicht mehr loswerden. Das wirklich Bemerkenswerte daran ist, dass sich dieser Melodiewurm genau dann an die Oberfläche unseres Bewusstseins begibt, wenn wir gerade gar nichts tun. Ohrwürmer können freie Kapazitäten des Arbeitsgedächtnisses benutzen und sich dort festsetzen. Bei voller Konzentration dagegen wird die Nervenverbindung zwischen Schläfen- und Stirnlappen unterdrückt, sodass die möglicherweise unliebsame Melodie keine Chance hat.
Vor allem musikbegeisterte Menschen sind anfällig
Nicht jeder ist übrigens gleich ohrwurmanfällig. Vor allem musikbegeisterte Menschen und Profis, die sich oft mit Liedern und Melodien beschäftigen, werden sehr gern von dem heimtückischen Wesen befallen. Neurowissenschaftler haben sogar herausgefunden, dass das Gehirn von ohrwurmgeplagten Personen besondere Merkmale aufweist. Im Kernspintomografen konnte man erkennen, dass sie in zwei wichtigen Hörregionen des Gehirns eine dünnere Hirnrinde aufweisen als Personen, die weniger oft mit musikalischen Dauerschleifen zu kämpfen haben. Die rechte Heschl'sche Querwindung und die rechte untere Stirnwindung sind unter anderem auch dafür verantwortlich, musikalische Empfindungen zu unterdrücken. Je dünner sie sind, desto weniger Unterdrückung und desto mehr Ohrwürmer.
Und wie wird man sie los?
Ganz einfach, sich aktiv mit der Melodie beschäftigen, sie ganz bis zu Ende singen, spielen oder, und jetzt kommts: Kaugummi kauen! In einer englischen Studie wurden Teilnehmer:innen mit eingängigen Popsongs beschallt. Die Probanden wurden in zwei Gruppen aufgeteilt: Der einen Hälfte wurde Musik ohne Hilfsmittel vorgespielt, der anderen wurde erlaubt, Kaugummi zu kauen. Und tatsächlich ist es so, dass, je mehr die Kiefermuskeln bewegt wurden, desto seltener Ohrwürmer entstanden . Die Wissenschaftler:innen erklärten sich dies damit, dass einige Hirnregionen, die an der Entstehung von Ohrwürmern beteiligt sind, gleichzeitig auch eine Rolle bei Mahlbewegungen der Kiefermuskeln spielen. Unter der Doppelbelastung von Ohrwurm und Kauen kann sich die Melodie offenbar weniger festsetzen.