18. Dezember 2025

KI-generierte Musik: Künstlich ist nicht künstlerisch – Pädagogik bleibt

Stellt der Vormarsch von KI-generierter Musik eine Gefahr dar? Wir haben uns mit dem Komponisten und Musikprofessor Jakob Gruchmann unterhalten.

KI-generierte Musik: Künstlich ist nicht künstlerisch – Pädagogik bleibt

Musizieren ist für uns ein Handwerk
In unserer Reihe „KI und Musik“ setzen wir uns mit diesem großen Trend auseinander, beleuchten verschiedene Aspekte und ziehen Expert:innen heran, um das Thema in all seinen Facetten zu beleuchten. Wie können KI und moderne Technologie im Rahmen unseres pädagogischen Auftrags als öffentliche Musikschule sinnvoll und ergänzend zum Einsatz kommen, braucht es das überhaupt? Der Mensch wird für uns auch bei diesen Zukunftsfragen immer im Zentrum stehen.

Beethovens Unvollendete …
2020 rief die Deutsche Telekom AG ein Projekt ins Leben: Mithilfe von Künstlicher Intelligenz sollte Beethovens zehnte Sinfonie vollendet werden, zu welcher Beethoven selbst nur einige wenige Aufzeichnungen hinterlassen hatte. Diese und unzählige andere seiner Musikstücke wurden einer KI gefüttert. In einem etwa zwei Jahre andauernden Prozess wurde der KI-Output immer wieder von Expert:innen bewertet, ausgesucht und geordnet. Ganz ohne Menschenhand ging es also doch nicht.

… blieb unvollendet
Am Ende des Prozesses stand ein Werk mit zwei Sätzen, das nicht überzeugte. Es klang wie ein musikalischer Bausatz mit wiederkehrenden, erwartbaren Motiven und ohne Seele. Trotzdem führten in letzter Zeit immer wieder KI-Bands die Charts an, zum Beispiel vom Streaming-Dienst Spotify. Besonders kritisch dabei: Diese Werke sind bis dato noch nicht als KI-generiert gekennzeichnet. Sie werden ohne Wissen der Hörer:innen diesen vorgespielt. 

Frage nach dem künstlerischen Anspruch
Der ehemalige Musikum-Schüler Prof. Jakob Gruchmann-Bernau MA MA ist mittlerweile Universitätsprofessor für Komposition und Musiktheorie in Klagenfurt. Für ihn stellt sich in erster Linie die Frage nach dem Zweck: „KI kann natürlich eine Hilfe in vielen Bereichen sein, aber die Frage ist, was man aus künstlerischer Sicht damit erreichen möchte. Wenn wir uns mit dem Durchschnitt zufriedengeben, kann die KI viel übernehmen, etwa im Bereich der Filmmusik, falls sie nur oberflächlich im Hintergrund, etwa zum Erzeugen einer gewissen Atmosphäre, zum Einsatz kommt.“ 

Kreation und Ausdruckswille sind menschlich
Jakob Gruchmann kann sich eine Zuhilfenahme in jenen Bereichen vorstellen, wo nur wenige kreative Entscheidungen getroffen werden müssen, wo es nach gewissen Mustern abläuft – so wie ein Notationsprogramm beim Komponieren ja auch hilfreich bei der Umsetzung der eigenen Vision sein kann. Dass KI-generierte Musik eine ernsthafte Konkurrenz zum musikalischen Handwerk ist, bezweifelt er: „Im Bereich der Kunstmusik geht es ja letztlich auch darum, dass sich der Künstler ausdrücken und etwas selbst erfinden möchte, dass etwas Spannendes und Neues entsteht. Das Kreative und der Ausdruckswille sind etwas zutiefst Menschliches. Ich vergleiche es gerne mit der Erfindung der Aufnahmetechnik – dies führte ja auch nicht zur Einstellung des Konzertbetriebs, nur weil man sich die Stücke dann auch zu Hause anhören konnte.“

Entwicklung bleibt abzuwarten
Gruchmanns Standpunkt ist derzeit einer von vielen in dieser Debatte. Auch wenn die konkreten Entwicklungen auf diesem Gebiet noch abzuwarten sind, ist davon ausgehen, dass kommende KI-Entwicklungen den Bereich des Musizierens, des Produzierens und Konsumierens von Musik stark beeinflussen und mitunter auch umwälzen werden. Wie wir als Musikum damit umzugehen gedenken, das verraten wir in der Jänner-Ausgabe unseres Newsletters 2026.

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